Weltweit boomt der Martk für Designertaschen. Als Wertanlage taugen aber nur bestimmte Modelle

Diese Handtasche ist eine echte Luftnummer: die Air Swipe Bag von Coperni. Die Tasche des französischen Luxus-Labels besteht zu 99 Prozent aus Luft und zu 1 Prozent aus Glas. Im März wurde die  futuristische Tasche auf der Pariser Fashion Week präsentiert und  sorgte für Aufsehen und Schlagzeilen. Schwer zu tragen hatte das  Model nicht: Die Air-Swipe-Tasche wiegt gerade einmal 33 Gramm.  Damit ist sie um ein Vielfaches leichter als eine nicht weniger exklusive  Kreation aus dem Haus Coperni, die im Frühjahr 2023 vorgestellt  wurde: die Mini Meteorite Swipe Bag. Diese wiegt stolze 1,8  Kilo und enthält ein Stück eines Meteoriten, der vor 55 000 Jahren  auf die Erde gefallen sein soll. Das erklärt auch den üppigen Kaufpreis  von 40 000 britischen Pfund, die Coperni auf der Website aufruft  – umgerechnet rund 46 000 Schweizer Franken.  Im Vergleich zu manch anderer Handtasche ist der designte Himmelskörper  trotzdem ein Schnäppchen. Denn für besonders exquisite  Stücke, die mit hoher Handwerkskunst und hochwertigen Materialien  überzeugen, legen Käufer auch schon mal sechs- oder siebenstellige  Franken-Beträge hin. Etwa für eine Diamond Himalaya  Birkin 30 von Hermès, die aus Nilkrokodilleder besteht und mit  Weissgold- und Diamant-Elementen angeboten wird. Sie zählt zu  den teuersten Handtaschen weltweit und besitzt für viele Luxushandtaschenliebhaber  Ikonenstatus. Absoluter Spitzenreiter aus  monetärer Sicht ist aber die von Juwelier Robert Mouawad kreierte  1001-Nacht-Diamanten-Handtasche, die mit einem taxierten Wert  von 3,8 Millionen US-Dollar im «Guinness-Buch der Rekorde» steht.  Angesichts derartiger Summen ist es kein Wunder, dass der  Markt neben reinen Handtaschenliebhabern auch immer mehr Investoren  anzieht, die Handtaschen gezielt mit Blick auf potenzielle  Wertsteigerungen kaufen. Denn die Nachfrage nach Luxushandtaschen  zieht weltweit an, weil sie weit mehr sind als ein modisches  Accessoire: «Der kulturelle Stellenwert von hochwertigen Luxusobjekten  hat allgemein zugenommen und Luxushandtaschen gelten  vielerorts als Statussymbol und werden mit Erfolg, Reichtum, Stil  und Eleganz assoziiert», sagt Marianne Rapp Ohmann, Geschäftsführerin  des Auktionshauses Rapp.  Das bringt Unternehmen wie Bottega Veneta, Cartier, Céline,  Chanel, Dior, Dolce & Gabbana, Fendi, Gucci, Goyard, Hermès,  Loewe, Louis Vuitton, Prada, Saint Laurent und Valentino in aufstrebenden  Volkswirtschaften immer mehr Kundschaft, wobei vor  allem der asiatische Markt stark wächst. Aber auch in Europa und  den USA gibt es eine grosse, kaufwillige und treue Klientel für Luxushandtaschen.  Für Rückenwind sorgen prominente Handtaschenträgerinnen  wie Beyoncé, Victoria Beckham, Paris Hilton und  Kim Kardashian sowie bereits verstorbene Stilikonen wie Jane  Birkin, Grace Kelly, Audrey Hepburn, Lady Diana und Elizabeth II.  – die Berichten zufolge sogar nonverbal über ihre jeweils benutzte  Handtasche kommunizierte.  «Zudem haben soziale Medien und Influencerinnen einen grossen  Einfluss auf den Markt, auf Trends und Nachfragen», weiss  Patricia van Dam, Gesch.ftsführerin von Luxury for You, einem  Onlineshop für gebrauchte Designerhandtaschen und Accessoires.  Ein prominentes Beispiel ist die ehemalige Stewardess Jamie Chua,  die eine der vermutlich wertvollsten Luxushandtaschensammlungen  der Welt besitzt. Die Macht der sozialen Medien spiegelt sich mit  Blick auf die Käuferklientel wider: «Luxus hat sich insgesamt verjüngt,  und zwar nicht nur bei uns in der Schweiz, sondern weltweit»,  beobachtet Rapp Ohmann. «Es sind heute vermehrt auch jüngere  Leute, die sich teure Designertaschen leisten. Dabei spielen Status  und Prestige in den sozialen Medien eine wichtige Rolle.» 

Verknappung als Wachstumsstrategie 
An Auswahl mangelt es im Handtaschenuniversum nicht: Der  Markt ist gross und facettenreich und bekommt regelmässig Nachschub.  Als langfristige Wertanlage mit hohem Renditepotenzial  eignen sich aber nur wenige Modelle. «Dazu zählen vor allem zeitlose  Klassiker bekannter Marken wie Chanel, Hermès und Louis Vuitton  », sagt Jara Koller, Expertin für Moderne Kunst beim Auktionshaus  Koller Auktionen. «Diese Taschen haben eine hohe Qualität,  eine starke Markenidentität und eine begrenzte Verfügbarkeit, was  ihre Attraktivität für Sammler und Investoren erhöht.» Gute Karten  haben zudem Luxushandtaschen, die in Zusammenarbeit mit berühmten  Designern, Juwelieren oder Künstlern in limitierter Auflage  entstehen. In Kombination mit seltenen Farben und beson deren Materialien wie Exotenleder spielen Unternehmen die Individualitätskarte mit diesen Sondereditionen noch stärker aus. «Die Strategie der Verknappung macht die Tasche als Statussymbol noch attraktiver und pusht die Preise dadurch zusätzlich», weiss Mimi Mollerus, Geschäftsführerin von Maison Mollerus Swiss, einem Familienunternehmen, das sich auf hochwertige Handtaschen, Kleinlederwaren, Reisegepäck und Accessoires spezialisiert. Das führt dazu, dass die Gebote bei Auktionen mitunter deutlich über dem regulären oder erwarteten Verkaufspreis liegen. Wie gross diese Gewinnspanne mitunter ausfallen kann, zeigte sich 2022 auf einer Sotheby’s-Auktion: Statt der erwarteten 300 000 Dollar löste die angebotene Diamond Himalaya Birkin 30 über 450 000 Dollar.

Gefragter Zweitmarkt
Dazu kommt, dass bestimmte Handtaschenmodelle auf dem Erstmarkt nur schwer zu bekommen sind und lange Wartelisten existieren. Oder sie sind einer bestimmten Kundschaft vorbehalten und im normalen Handel überhaupt nicht erhältlich. Das spielt Secondhandanbietern und Reseller-Plattformen wie Luxury for You, Saclàb und Vestiaire Collective in die Hände, bei denen diese Taschen erhältlich sind – die darüber hinaus aber auch noch zahlreiche andere gebrauchte Modelle in unterschiedlichsten Preiskategorien offerieren. Der Kauf über einen Onlinehändler kann eine Alternative zum regulären Händler, zu einer Boutique oder einem Auktionshaus sein. Allerdings sollten Interessentinnen im Hinterkopf haben, dass der Markt für Luxushandtaschen ein El Dorado für Fälscher ist. Der Kauf über renommierte Adressen, die grossen Wert auf Echtheitsprüfungen und nachweisbare Provenienz legen, ist insofern ratsam. Hierzu zählen die drei grossen, klassischen Auktionshäuser Dorotheum, Christie’s und Sotheby’s, der Online-Marktplatz Catawiki und kleinere Player wie Artcurial, das Auktionshaus Rapp, das Eppli Auktionshaus Stuttgart und Koller Auktionen aus Zürich. Ein weiterer Vorteil: Hier landen öfter Sammlungen und Nachlässe. Auch wenn der Preis für eine Luxushandtasche je nach Modell, Material, Grösse, Ausstattung und Farbe unterschiedlich hoch ausfällt, «sollten Bieter ein solides Budget einplanen, um eine hochwertige Tasche mit guten Aussichten auf Wertsteigerung zu erwerben», rät Auktionsexpertin Koller. So kosten die Basisvarianten der Hermès-, Chanel- und Louis-Vuitton-Klassiker oft schon einen höheren vierstelligen Frankenbetrag. Um einiges erschwinglicher sind Alternativen wie die kleine Crossbody-Bag Wallet on Chain (WOC) von Chanel oder der Bamboo Bag von Gucci. «Mit etwas Geschick und Glück ist es auch möglich, Taschen ab 1000 Franken zu finden, die nach ein paar Jahren bei guter Pflege und sorgfältigem Umgang teurer weiterverkauft werden können», weiss Marianne Rapp Ohmann.

Zusatzkosten bei Auktionen Gut zu wissen:
Wer bei Auktionen mitbieten will, sollte mögliche Zusatzkosten mit einkalkulieren, die neben dem reinen Kaufpreis anfallen können. «Bei unseren Auktionen bezahlt jeder Käufer ein Aufgeld von 25 Prozent zum Zuschlagspreis», sagt Rapp Ohmann. Gut zu wissen: Die Höhe des Aufgelds ist nicht einheitlich und kann bei anderen Häusern auch mal bei rund 30 Prozent liegen. Dazu kommt die Schweizer Mehrwertsteuer, die allerdings rückerstattet wird, wenn das Objekt ins Ausland geht, wie Jara Koller ergänzt und mit einem Beispiel verdeutlicht: «Wenn der Zuschlagspreis bei 10 000 Franken liegt, ist die Rechnung für den Käufer am Ende circa 12 700 Franken», sagt Koller. Auch Versandgebühren können entstehen. Zudem sollte beachtet werden, dass es bei einem Kauf im Ausland bei der Ein- und Ausfuhr Auflagen vom Zoll geben kann. Wer beim Kauf einer Luxushandtasche auf eine spätere Wertsteigerung hofft, sollte neben dem Modell, der Marke und dem Material auf weitere bestimmte Kriterien achten, rät Luise Hack, Expertin für Designermode bei Catawiki: «Im Allgemeinen wird die Wertschätzung einzigartiger Objekte durch sechs Hauptfaktoren untermauert: Seltenheit, Unverwechselbarkeit, Zeitlosigkeit, Nos talgie, existenzieller Wert und popkulturelle Bedeutung.» Um den Wert der Tasche zu erhalten, ist es zudem wichtig, diese richtig zu pflegen und zu lagern. «Je mehr Gebrauchsspuren eine Tasche aufweist, desto mehr verliert sie an Wert», weiss Auktionshaus-Koller-Expertin Jara Koller. Um das Leder vor dem Austrocknen zu schützen, ist es beispielsweise wichtig, die Tasche regelmässig vorsichtig mit einem hochwertigen Leder-Conditioner zu pflegen. Falls die Tasche nicht getragen wird, sollte sie in einem Staubbeutel verstaut und mit Seidenpapier ausgestopft werden, damit sie ihre Form nicht verliert oder ungewünschte Falten wirft. Auch vor starkem Sonnenlicht und Heizungswärme sollte die Tasche möglichst geschützt sein. Wer mit einem späteren Weiterverkauf liebäugelt, sollte zudem auf das mitgelieferte Zubehör achten – wie Original-Staubbeutel und Pflegeheft – und dieses zusammen mit der Box und Rechnung aufbewahren, um die Tasche als komplettes «Full Set» verkaufen zu können. Dies erhöht den Wert und dient gewissermassen auch als Echtheitsnachweis, denn die Hersteller stellen selbst keine Echtheitszertifikate aus. Sämtliche Authentizitätsnachweise erfolgen durch externe Sachverständige.

Bewegter Markt:

Trends im Blick haben Um das Potenzial des Marktes besser einschätzen zu können, sollten Interessentinnen und Interessenten neben den angesagten Marken und Modellen bestehende und erwartbare Trends im Blick haben. So zeigt sich auf dem europäischen Markt aktuell beispielsweise eine Vorliebe für kleinere bis mittelgrosse Handtaschen, wie Mimi Mollerus, Patricia van Dam und Jara Koller unabhängig voneinander beobachten. «Zudem wird das Taschenuniversum farbenfroher und geht mehr in Richtung unisex», merkt Mollerus. Auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung. Aktuell experimentieren einige Hersteller mit veganem Leder aus Ananas, Baumfaser oder Pilzen. Ob daraus Taschenmodelle mit ebenso nachhaltigem Wertzuwachs entstehen, bleibt abzuwarten. Doch der Fokus sollte beim Handtaschenkauf sowieso woanders liegen, meint Mimi Mollerus: «In erster Linie sollte die Tasche ein Gebrauchsgegenstand sein, den man mit Leidenschaft trägt, und nicht im Tresor liegen.» Der emotionale Wert sollte schliesslich nicht unterschätzt werden. 

Geschäftsführerin Auktionshaus Rapp

Marianne Rapp Ohmann, 
Geschäftsführerin des Auktionshauses Rapp

“LIMITIERTE MODELLE VON LOUIS VUITTON HABEN POTENZIAL”

Welche fünf Handtaschen bieten Ihrer Meinung nach Wertsteigerungspotenzial und eignen sich, wenn man sie gezielt als Investment sieht, als Einstieg in den Markt?
Die Hermès Birkin sowie Hermès Kelly in verschiedenen Grössen, die limitiert sind oder spezielle Farbkombinationen aufweisen. Auch interessant sind ganz schlichte Modelle in Bezug auf die Farbe. Als Modelle für Sammeleinsteigerinnen und -einsteiger sind die Modelle Chanel Classic Flap Bag und Goyard-Modelle. Potenzial haben aus meiner Sicht zudem limitierte Louis- Vuitton-Modelle, zum Beispiel aus der Virgil Abloh Collection.

 

Welche fünf Taschen gewichten Sie als Privatperson besonders hoch?
Ich reise viel und muss mein Expertenequipment (Lupen, Messband, Laptop, Kataloge und so weiter) immer dabei haben. Dabei ist es mir wichtig, dass meine Taschen robust sind. Meine Favoriten fürs Business: Onthego PM Louis Vuitton; das kleine und das grosse Modell sind beide sehr stabil und sehen gut aus. Zudem trage ich aktuell die Petit Palais PM schwarz von Louis Vuitton. Ebenfalls eine schöne Businesstasche mit vielen Fächern und einer guten Grösse.

Ihre Favoriten für Events und Partys?
Beispielsweise die Louis Vuitton Soft Trunk Taurillon aus der Virgil Abloh Collection und auch Taschen aus der Kollektion Louis Vuitton x Fornasetti. Und natürlich eine Chanel-Tasche: die Timeless Mini Rectangular.

Welche fünf Luxushandtaschen von weniger bekannten Marken bieten ebenfalls gute Kaufgelegenheiten und werden wahrscheinlich im Wert steigen?
Aus meiner Sicht die Goyard-Modelle: Diese Taschen sind in der Schweiz nicht erhältlich. Es gibt weltweit nur wenige Stores. Die Nachfrage wird immer grösser. Die Preise werden steigen, vor allem für spezielle Modelle. Und ich finde die Taschen von Fendi, Loewe und Jacquemus sehr interessant.

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