Fünf Millionen Franken für
Briefmarken: Die weltweite Beteiligung und Nachfrage nach extrem
seltenen oder alten und aussergewöhnlich gut erhaltenen Briefmarken und
Briefen liess die Preise an der Versteigerung des Auktionshauses Rapp in
Wil (SG/Schweiz) in die Höhe schnellen.
Die
Briefmarkenauktion von Montag, 2. bis Mittwoch, 4. Mai 2022 stand ganz
im Zeichen der Flucht in Sachwerte und von Inflationsbefürchtungen: Wer
sich in Briefmarken-Raritäten auskennt, nutzte die Chance, an einer der
grössten weltweiten Versteigerungen mitzubieten.
Teils exorbitante Preise bezahlt
Die
Nachfrage nach seltenen Stücken sei weit grösser als das Angebot,
«weshalb zum Teil exorbitante Preise bezahlt wurden – dieser Trend
akzentuiert sich immer eindeutiger», sagte Geschäftsführerin Marianne
Rapp Ohmann. Gesucht seien vor allem aussergewöhnliche Stücke in
Top-Qualität gewesen, die aufgrund der grossen Nachfrage und des knappen
Angebots weit über ihren Schätzwerten gehandelt wurden. Eine verkehrt
aufgeklebte „Basler Taube“ auf dem drittältesten Brief mit dieser
Kultmarke aus dem Jahr 1845 war auf Höhenflug und erzielte nach einem
heissen Bietgefecht 57‘500 Franken. 60‘000 Franken erzielte ein
kompletter Satz ungezähnter Schweizer Originalmarken aus dem Jahr 1941
mit historischen Bildern. Eine perfekt erhaltene «Rayon II» gelb mit
vollständiger Kreuzeinfassung fand für 33’750 Franken einen neuen
Besitzer.
Flugpost als Überflieger
Speziell im Fokus
standen Raritäten, die in den vergangenen 30 Jahren kaum im Handel zu
finden waren: zum Beispiel der vollständige Flugpost-Kleinbogen Liestal,
der für 52‘500 Franken verkauft wurde, oder der seltene
Flugpost-Probedruck von Olten, der für 65‘000 Franken an einen Sammler
ging. Für besondere Aufmerksamkeit sorgte eine Sammlung des ältesten
deutschen Briefmarkenalben-Verlags Schaubek von 1910, die insbesondere
aus Europa zahlreiche Spitzenbriefmarken enthält – darunter die „Basler
Taube“. Ein leidenschaftlicher Sammler kaufte die beiden Alben für
50‘000 Franken. Der riesige Sammlernachlass von Werner Widmer selig war
ebenfalls äusserst stark umkämpft und erzielte einen Preis von insgesamt
235‘625 Franken. Ein qualitativ hochwertiger Brief von Bramstedt nach
Kiel mit einer sehr seltenen Frankatur aus dem Jahr 1850 war einem
Sammler 40‘000 Franken wert. Gegen Ende der Auktion schossen die Preise
weiter in die Höhe: Eine umfangreiche Österreich-Sammlung mit Stücken
von 1850 bis 2021 schnellte vom Startpreis von 5000 Franken auf 75‘000
Franken hoch. Eine Sammlung mit den Schwerpunkten britische Kolonien und
Österreich erzielte sogar einen Verkaufspreis von 93‘750 Franken. Den
Schlusspunkt setzte eine Sammlung mit Briefmarken aus aller Welt, die
für 118‘750 Franken unter den Hammer kam.
Grosse Nachfrage und Wartelisten
Das
Auktionshaus Rapp versteigert nebst Briefmarken auch Münzen, Uhren,
Schmuck und Luxushandtaschen. Viele bieten diese Woche aus aller Welt
über das Internet mit. Die Internetbeteiligung sei erneut enorm
gestiegen, stellt Marianne Rapp Ohmann fest. Gleichzeitig lockt die
stimmungsvolle Auktionsatmosphäre mit gediegenem Rahmenprogramm nach der
Corona-Krise täglich bis am 6. Mai wieder viele Kauflustige aus aller
Welt in den Auktionssaal. Ein grosses Augenmerk liegt diesen
Mittwochabend auf der Auktion von Luxusarmband- und Taschenuhren: Im
stark wachsenden Luxussegment für «Pre-Owned-Uhren» werden
beispielsweise aufgrund der grossen Nachfrage nach Uhren von Rolex oder
Patek Philippe für gewisse Modelle Wartelisten mit langen Fristen
geführt. Denn immer mehr – auch jüngere – Menschen entdecken aufgrund
ihres Stilbewusstseins und der weltpolitischen Lage edle Sachwerte als
sichere, Freude bereitende Anlage. Der Donnerstagnachmittag, 5. Mai,
steht ganz im Zeichen von auserlesenem Schmuck und funkelnden Diamanten –
zum Beispiel ein hochkarätiger Diamantring für geschätzte 40’000
Franken. Am Freitagnachmittag und -abend werden Münzen, Medaillen,
Banknoten und Orden versteigert, darunter ein besonders wertvoller
Schweizer Fünfliber, der auf 20‘000 Franken geschätzt wird, oder als
ausgefallenes Los sogar eine Original-Olympiafackel von London aus dem
Jahr 1948 mit Friedens-Symbolkraft im Rahmen einer Olympiasammlung. Sie
dürfte ebenfalls einige Tausend Franken kosten. Auf Samstag, 7. Mai, ist
eine reine Online-Auktion angesetzt: Am Mittag wird eine kleine
Porzellansammlung – darunter seltenes Keramikgeschirr mit
Picasso-Motiven – und am Nachmittag werden Schmuck, Uhren und
Luxushandtaschen an die Meistbietenden verkauft.